Das fängt schon damit an, dass viele Unternehmer und Führungskräfte nicht verstehen, was es bedeutet, Arbeitgeber zu sein. Oftmals herrscht noch die Meinung, der Vorgesetzte gibt den Ton an und den Arbeitsvertrag aus und der Mitarbeitende soll einfach nur seinen Job so gut wie möglich machen. Und wenn sich das Gespräch um das Thema „Arbeitgebermarke“, sprich Employer Branding, dreht, kommt die Antwort: „Machen wir. Unsere Belegschaft bekommt immer einen frischen Obstkorb, einmal im Monat bestellen wir Pizza für alle und im Foyer haben wir den besten Tischkicker stehen.“ Aha.
Traurig – aber wahr …
70% der Arbeitnehmenden identifizieren sich in den sozialen Medien nicht mit ihrem Arbeitgeber. Sie liken ihn nicht und geben ihn auch nicht in ihren Profilen an. So viel zu dem Stellenwert, den sie haben – Obstkorb hin oder her.
Und genau hier ist die Krux – früher war man stolz darauf, Teil eines Unternehmens zu sein. Man war Kruppler, Simensianer, Daimleraner … und heute? Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass sich auch heute noch Mitarbeitende mit ihrem Unternehmen identifizieren möchten, die Arbeitgeber aber in ihrer Unternehmensidentität eher wischi-waschi agieren anstatt mit einem Purpose und klaren Leitfiguren unterwegs zu sein.
Ich rekapituliere: wenn sich 70% nicht mit ihrem Arbeitgeber identifizieren und 60% den Purpose ihres Unternehmens nicht kennen – wie können sie dann vertrauen, wie können sie sich engagieren, wie sehr wird wohl ihr Bestreben sein, alles zu geben, um das Unternehmen nach vorne zu bringen? Ne Gratispizza als vertrauensbildende Maßnahme?
“Activity without purpose is the drain of your life.” Tony Robbins
Alte Kamelle? Nein. Ich verweise wieder auf die Studie von Kienbaum und Human Unlimited, die für ihre statistischen Erhebungen ca. 1.300 Mitarbeitende und Führungskräfte zu dem Thema „Purpose. Die große Unbekannte“ befragten. Neben den oben erwähnten 60% kamen noch andere wirklich interessante Aspekte ans Tageslicht.
- 93% der Befragten erachten es als wichtig, dass Unternehmen für sich eine «Daseinsberechtigung» definieren.
- Potentielle Mitarbeitende, Kunden, Lieferanten, Stakeholder usw. schauen ebenfalls zunehmend auf das soziale, ökologische und ökonomische Engagement von Unternehmen – betriebswirtschaftliche Zahlen, Daten, Fakten ade, Unternehmensidentität herzlich Willkommen.
Aber wie bei allem – Schein statt Sein fliegt irgendwann auf und zerstört alles Vertrauen. Nehmen wir die Deutsche Bank als Beispiel: vorne den Schein waren und hinter den Kulissen in jedes Fettnäpfchen treten, das sich bietet. Mit einem irreparablen Imageschaden. Daher: wenn sich Unternehmen einen Purpose auf die Fahne schreiben, muss dieser auch gelebt werden – durch alle Hierarchien hinweg erlebbar und nahbar.
Vertrauen und Identifikation sind der Mörtel, der das Unternehmen zusammenhält
Wir brauchen ein Fundament für Arbeitnehmende, damit sie sagen können: „Wir vertrauen unserem Arbeitgeber und wir identifizieren uns mit ihm. Das gibt uns Stabilität für unsere Zukunft.“ Dies geht nur durch den Change einer rein professionellen hin zu einer gemeinschaftlichen Beziehung, in der Unternehmen und Mitarbeitende in ihren Zielen und Werten vereint sind. Und Grundlage dessen ist ein authentisches und gelebtes Unternehmensleitbild.
„Leitbild?“ ruft eine Stimme in Ihrem Kopf. „Haben wir. Hängt an der Wand. Kann jeder lesen, der will.“ Genau diese Leitbilder meine ich aber nicht. Schön formulierte Sätze in schicken Bilderrahmen sind ja ganz nett, aber nach deren Lektüre ist man so schlau wie vorher, was die ungeschönte Identität des Unternehmens, seine echten Werten und Visionen betrifft.
Authentische und erlebbare Leitbilder bieten Orientierung und Identifikation für Mitarbeitende, Business-Partner, Stakeholder, Führungsmannschaft, Kunden usw. Leitbilder müssen Sehnsüchte wecken und Bedürfnisse erfüllen, denn dann möchten Menschen emotional an der Story beteiligt sein. Menschen identifizieren sich aber am meisten über andere Menschen. Daher ist es von immenser Bedeutung, dass Führungskräfte ihre Verantwortung mit beiden Händen packen und die Werte und Visionen des Unternehmens, das Leit-Bild vorleben, nahbar machen – aber immer authentisch und ehrlich!