Führungskräfte tragen Verantwortung. Dazu gehört gemäß Jobbeschreibung auch, unangenehme Wahrheiten frühzeitig transparent zu machen. Und gleichzeitig das Gefühl zu vermitteln, handlungsfähig zu sein. Das schafft einerseits Vertrauen, aber auch Orientierung und Beruhigung in stürmischen Zeiten. Je mehr Unsicherheit, desto mehr Raum für Spekulationen. Wegducken hilft nicht. Unangenehmes und Krisen gehören dazu. Führungskräfte haben die Verantwortung und Aufgabe, unangenehme Wahrheiten zu verstehen und in Lösungen zu überführen. Und dafür finden sich nur noch 7% „Freiwillige“.
Schafott Verantwortung
Unangenehme Wahrheiten bedeuten eine Störung der Harmonie. Und zugegeben – kaum jemand ist gern der Überbringer schlechter Nachrichten. Die präferierte Lösung: Vogel-Strauß-Politik. Aber den Kopf in den Sand stecken, verbessert die Aussicht nicht, sagt man so schön. Vor allem ändert es nichts am Status Quo! Aber die Angst vor einem Gesichtsverlust oder gar Autoritätsverlust, hemmt 93% der Mitarbeitenden, Verantwortung zu übernehmen.
Verantwortung ist negativ besetzt. Geht etwas schief, kommt sofort die Frage: Wer hat hier die Verantwortung? Und dann im nächsten Atemzug: Wem muss ich den Kopf abschlagen? Wenn wir Verantwortung ausschließlich unter dieser negativen Konnotation sehen, dann ist es nicht verwunderlich, dass niemand mehr den Hut aufsetzen möchte.
Rette Deinen Kopf und verschaffe Dir ein Alibi!
Nicht jeder kann sich davor drücken, eine Führungsposition einzunehmen. Schließlich hat „Chef“ sein auch Vorteile. Die gilt es voll auszukosten. Doch was ist zu tun, um zu vermeiden, dass dabei der Kopf ins Rollen kommt? In den letzten Jahren hat sich hierfür eine raffinierte Strategie in den Führungsetagen eingeschlichen, die des Alibis. Beispiel: Auf einem großen Dampfer stehen der Kapitän und seine Obersten auf der Kommandobrücke. Sie sehen, dass sie auf einen riesigen Eisberg zufahren. Schnell lassen sie einen der Großen von den Big-Five-Unternehmensberatungen mit dem Hubschrauber einfliegen – koste es, was es wolle. Der soll ihnen sagen, ob sie besser rechts oder links um den riesigen Eisberg herum steuern. Kommt es doch zur Kollision, kann man dem Experten die Schuld in die Schuhe schieben. Praktisch, oder?
Pack Deine Verantwortung an und gestalte!
Verantwortung kann aber auch als die Möglichkeit zur Gestaltung, zur Kreativität verstanden werden. Sie gibt Antworten. Das steckt bereits im Wort „Ver–antwort–ung“ drin, und schon wird es zu etwas ganz anderem. Die Frage ist: Was für ein Selbstverständnis habe ich? Wenn ich das Selbstverständnis habe „ich führe“, dann übernehme ich automatisch die Verantwortung für Entscheidungen. Hier gibt es zwei Varianten.
Die eine Variante ist: Ich bin fit in dem Thema. Ich kann selbst aufgrund meiner Kompetenz, meiner Erfahrung, meines Netzwerks oder was auch immer entscheiden. Die andere ist: Ich brauche Hilfe. Ich habe die Größe zu erkennen, wenn ich nicht weiter weiß und einen Experten brauche. Auch aus den eigenen Reihen. Vertraue Deiner Mannschaft und ziehe sie mit ein in die Gestaltung. Ehrlich und offen und nicht aus einer Wegduckmentalität heraus wie bei unserem Kapitän und seinen Handlangern.
Wenn ich Unternehmer sein möchte, ist das eine bewusste Entscheidung. Es zwingt mich niemand, Unternehmer zu sein. Es zwingt mich auch niemand, Vorstand in einem Großunternehmen zu sein. Im Gegenteil, es ist ein langer Weg, ein langer Kampf. Viele Opfer sind zu bringen, nicht zuletzt bei familiären Themen. Und wenn ich das alles wirklich will, dann muss ich auch akzeptieren, dass das mit der notwendigen Verantwortung einhergeht. Und gerade das ist meine Chance. Denn unangenehme Wahrheiten sind immer auch Gestaltungsmöglichkeiten.
Lebe Verantwortung und Vertrauen!
Verantwortung und Vertrauen haben meiner Ansicht und vor allem Erfahrung nach vier wesentliche Bausteine, die in der Umsetzung ein MUSS darstellen. Sie sind die Grundlage, das Fundament – wenn sie ehrlich gemeint und gelebt werden.
1. Transparenz
Absichten müssen grundsätzlich transparent sein. Sie müssen erlebbar sein.
2. Konsequenz
Es gilt, ehrlich zu sagen, was man denkt und zu tun, was man sagt. Ganz geradlinig. Konsequent bleiben ist ein hartes Thema. Das wissen wir aus der Kindererziehung. Nachgeben wäre oftmals leichter. Aber das wäre wieder die Wegduckmentalität. Konsequenz hat mit Berechenbarkeit zu tun. Wenn ich das und das mache, wird es diese und jene Konsequenz haben.
3. Konsistenz
Konsistenz bedeutet Verlässlichkeit. Heute „Hü“ und morgen „Hott“ ist Gift. Ständige Richtungswechsel sind für Menschen irritierend. Niemand weiß, woran er ist. Was vermutlich früher oder später in eine andere Form des Wegduckens führt, nämlich, dass sich die Mitarbeitenden unsichtbar machen, um keinen auf den Deckel zu bekommen.
4. Respekt
Selbstverständlich? Ist es leider nicht. Und für viele schwer, besonders wenn man „auf Temperatur“ ist und die Lunte immer kürzer wird. Respekt bedeutet, ich sehe den anderen mit seinen Bedürfnissen und seiner Individualität. Ich bin bereit, meine Mannschaft in ihrer Individualität und mit ihren Bedürfnissen zu sehen. Das ist die eine Sache. Es gibt aber auch den Respekt für die Sache. Es ist der Respekt vor der Größe der Aufgabe, der Herausforderung, dem zu Erzielenden, dem gewünschten Erfolg.