Praxisbeispiel Unternehmensleitbild: Im Gespräch mit Myriam Herger und Aart Molenberg zum Thema Leitbildentwicklung

„Jedes Unternehmen sollte wissen, wofür es steht und wo es hin will.“ – Aart Molenberg

Die Ben Schulz & Partner AG unterstützte die RMS Foundation, ein unabhängiges Materialprüflabor und Forschungsinstitut, bei der Entwicklung ihres Leitbilds. Die 1985 errichtete Stiftung betreibt heute mit etwa 30 Mitarbeitenden angewandte Forschung und unterstützt ihre Kunden in den Bereichen Medizintechnik, Werkstofftechnologie und anderen Branchen als Partner und Forscher mit einem breiten Spektrum an analytischen, materialografischen und technologischen Prüfungen sowie Beratungsleistungen, Ausbildung und Technologietransfer. Geschäftsführer Aart Molenberg und Myriam Herger, Leiterin Qualitätsmanagement und Unterstützende Dienste, reflektieren den Prozess der Leitbildentwicklung im Gespräch.

„Was war bei Ihnen im Unternehmen der Auslöser, sich mit dem Thema Leitbild zu befassen?“

Myriam Herger: Im Unternehmen gab es verschiedene Gründe, sich mit dem Thema Leitbild zu befassen. Zunächst gab es eine Phase mit vielen Managementwechseln, ausgelöst durch die Pensionierung des ehemaligen Geschäftsführers. Im Zuge der Digitalisierung unseres Qualitätsmanagements stießen wir auf ein veraltetes und wenig beachtetes Leitbild. Aufgrund meiner Tätigkeit im Qualitätsmanagement erkannte ich die Notwendigkeit eines neuen Leitbilds und begann, mich zu informieren. Dabei stieß ich auf die Ben Schulz & Partner AG und ließ mir ihr Whitepaper zum Thema Leitbild zusenden. Wir begannen dann mit der Datensammlung und der Einbindung der Mitarbeitenden, allerdings folgten wir dabei zunächst weiter unseren alten Denkmustern. Als uns bewusst wurde, dass dies nicht zielführend war, entschieden wir uns intern für einen Neuanfang und holten Susanne Wagner und Ben Schulz als externe Experten mit ins Boot, um professionelle Unterstützung bei der Leitbildentwicklung zu erhalten.

„Welche Erfahrungen haben Sie während des Entwicklungsprozesses des Leitbilds gemacht? Welche Personen waren in den Prozess involviert und wie haben Sie den gesamten Prozess erlebt?“

Myriam Herger: Intern hatten wir bereits zahlreiche Ideen gesammelt und bewusst die Mitarbeitenden einbezogen. Das Feedback aus der Belegschaft war überwältigend, stellte uns jedoch vor die Herausforderung, wie wir all diese Rückmeldungen bündeln könnten. An dieser Stelle erwies sich die Unterstützung durch die Ben Schulz & Partner AG als äußerst hilfreich. Susanne und Ben halfen uns, aus unserer Sackgasse herauszukommen, und zeigten uns konkrete Wege und Optionen auf. Wir haben bewusst Mitarbeitende aus allen Abteilungen einbezogen und die externe Expertise war in dieser Situation von unschätzbarem Wert.

Aart Molenberg: Besonders beeindruckend waren die disziplinierte Herangehensweise von Susanne an den Prozess, ihre Moderation und ihre strukturierte Vorgehensweise. Unser erstes Treffen fand nur mit Susanne statt. Hätten wir versucht, den Prozess weiterhin selbstständig fortzusetzen, wäre es wahrscheinlich ziemlich chaotisch geworden. Susanne brachte an den richtigen Stellen Ordnung und Klarheit rein und nutzte unsere Vorarbeit als wertvollen Input, was uns sehr freute. Die Begeisterung, die sie ausstrahlte, wirkte sofort ansteckend auf die anderen Teilnehmenden.

„Welche Bedeutung hat das Leitbild für Sie und das Unternehmen? Setzen Sie es bereits um?“

Aart Molenberg: Das Leitbild hat für uns als Unternehmen eine enorme Bedeutung. Zuverlässigkeit, Kompetenz, Leidenschaft, Wertschätzung und Weitsichtigkeit – das sind die Werte, an denen wir unser tägliches Handeln messen wollen, ergänzt durch die Vision, die zeigt, wohin wir wollen und was wir erreichen möchten. Es gibt uns einen klaren Halt und ermöglicht es uns, zu jedem Zeitpunkt zu überprüfen, ob unser Handeln mit den Leitbildpunkten übereinstimmt. Das Leitbild ist etwas Gemeinsames für die gesamte Belegschaft und stiftet Identität.

Myriam Herger: Es dient uns als Leitstern und Kodex im Berufsalltag, was uns ungemein hilft. Indem wir uns täglich unsere Werte wie Wertschätzung und Leidenschaft vor Augen halten und sie in unsere Handlungen integrieren, gehen wir anders an Aufgaben heran und denken über Dinge nach, die wir früher vielleicht nicht so bedacht haben. Seitdem unser Leitbild mit den definierten Werten feststeht, reflektieren wir noch intensiver über unser Handeln.

Aart Molenberg: Um das Leitbild frisch in den Köpfen zu halten, haben wir außerdem direkt eine Leitbild-Challenge gestartet: Jede Woche präsentiert ein Teammitglied einen Satz, der sinnbildlich für einen unserer Werte steht. Am Ende des Jahres werden wir mit unseren Mitarbeitenden durch sein, und so trägt jeder noch einmal zum Thema Leitbild bei. Die Beiträge werden auf einem großen Whiteboard gesammelt, um langfristig präsent zu bleiben. Unsere IT hat es sogar geschafft, dass dieser Satz direkt beim Einschalten des PCs noch vor dem Windows-Logo angezeigt wird. So begleitet der Gedanke das gesamte Team jeden Morgen als erstes durch die Woche.

„Welche positiven Veränderungen erhoffen Sie sich in Zukunft durch die Umsetzung des Leitbilds? Hat sich bereits spürbar etwas verändert?“

Aart Molenberg: Wir erhoffen uns durch die Umsetzung des Leitbilds in Zukunft verschiedene positive Veränderungen. Beispielsweise sehen wir beim Thema Personalwechsel, wie Myriam bereits erwähnt hat, großes Potenzial. In naher Zukunft stehen einige Pensionierungen an, für die Flexibilität gefragt ist. Mit unserem ausgearbeiteten Leitbild hoffen wir, den Übergang reibungslos zu gestalten und neue Mitarbeitende gleich von unseren Werten zu überzeugen. Ihnen gleich das Leitbild präsentieren zu können und ihnen zu zeigen, wofür wir als Unternehmen stehen. Bereits im Recruitingprozess können unsere Werte potenzielle Kandidaten ansprechen und langfristig zur Mitarbeiterbindung beitragen – dafür ist das Leitbild auch auf unserer Website implementiert.

Myriam Herger: Wir haben bereits viel positive Rückmeldung vom bestehenden Team erhalten, selbst von den eher zurückhaltenden Mitarbeitenden. Es hat sich definitiv schon etwas verändert – auf allen Ebenen. Das Leitbild wird von allen als Leitstern akzeptiert und sorgt innerhalb der Geschäftsleitung für mehr Ordnung und gezieltere Handlungen.

Aart Molenberg: Die konkrete Veränderung ist zwar schwer messbar, da die ausgewählten Werte ein Stück weit schon lange gelebt werden. Aber wir haben mithilfe von Susanne und Ben unsere gelebten Werte, unsere Rollen und die Vision definiert – also das Big Picture in klare Worte gefasst und weiter ausgebaut. In unseren Rollen als Partner und Forscher in den Bereichen Werkstoffe und Medizintechnik wünschen wir uns, dass unsere Kunden sich nach der Zusammenarbeit mit uns denken „RMS hat uns wirklich vorangebracht, sie sind die Besten!“.

„Auf welche Art denken Sie, sind Sie und Ihr Team als Naturwissenschaftler anders an die Thematik herangegangen, als es vielleicht Nicht-Wissenschaftler tun würden?“

Myriam Herger: Das ist eine gute Frage. Ich habe bemerkt, dass wir als Gruppe alles sehr stark hinterfragt haben. Dabei geht es nicht um Zweifel, sondern vielmehr um eine reflektierte Annäherung an die Thematik und dass auch Susannes Vorgehen stets hinterfragt wurde. Das war sicher eine Herausforderung, auf all diese Fragen einzugehen, aber die hat sie mit Bravour gemeistert. Ihre Kompetenz wurde dabei deutlich sichtbar. Das kontinuierliche Hinterfragen fand ich persönlich sehr erfrischend im Prozess, da es zeigt, dass das Team aktiv und bereitwillig mit dem Thema Leitbild auseinandergesetzt hat.

„Was haben Sie als besonders positiv in der Zusammenarbeit mit Ben Schulz und Susanne Wagner erfahren?“

Aart Molenberg: In der Zusammenarbeit mit Ben Schulz und Susanne Wagner haben wir besonders ihre Ruhe und Gelassenheit geschätzt. Sie hatten stets fundierte Antworten und erklärten alle Schritte verständlich. Susanne zeigte eine bemerkenswerte Fähigkeit, auf individuelle Bedürfnisse einzugehen, während sie das Zeitmanagement im Griff behielt. Bens Kombination aus Humor und Expertise erleichterte die Arbeit an einem anspruchsvollen Thema. Er erkannte schnell, was wir brauchten, und vermittelte dies auf überzeugende Weise.

Myriam Herger: Darüber hinaus war es erfrischend, dass die Zusammenarbeit eher wie eine Partnerschaft als eine traditionelle Schulung verlief. Susanne und Ben traten als Mentoren auf, die uns dorthin führten, wo wir selbst nicht hinkamen, anstatt uns einfach Anweisungen zu geben. Diese Herangehensweise half dem Team, sich bewusst mit unserem Leitbild zu beschäftigen und schuf eine positive Arbeitsatmosphäre.

„Gab es Überraschungen auf dem Weg? Wie haben Sie und das Team die Methode des LEGO® Serious Play empfunden?“

Aart Molenberg: LEGO® Serious Play wurde bei uns im Kick-off mit der kompletten Belegschaft eingesetzt. Wir alle haben mithilfe von LEGO®-Steinen die Elemente unseres Leitbilds gebaut, was uns direkt ins Gespräch brachte. Insgesamt war die Methode des LEGO® Serious Play eine tolle Möglichkeit, sich praxisnah mit den Bestandteilen des Leitbilds auseinanderzusetzen. Es ermöglichte eine sofortige Beteiligung aller Teammitglieder, ohne dass langwierige Diskussionen angestoßen oder Monologe geführt wurden. Es war ein effektives Mittel, um die Werte des Leitbilds zu vermitteln und zu transportieren.

Myriam Herger: Das Feedback zum LEGO® Serious Play aus der Belegschaft war äußerst positiv. Viele waren überrascht und fasziniert davon, wie abstrakte Werte mit Lego dargestellt werden können, und einige zeigten sogar eine überraschende kreative Ader, die man von ihnen nicht erwartet hätte. Ich denke, insgesamt hat es sehr gut dabei geholfen, die Werte im Team fest zu verankern.

„Halten Sie es für sinnvoll, anderen Unternehmen die Erstellung eines Leitbilds zu empfehlen? Wenn ja, aus welchen Gründen?“

Aart Molenberg: Ja, wir halten es definitiv für sinnvoll, anderen Unternehmen die Erstellung eines Leitbilds zu empfehlen. Die Ausformulierung des Leitbilds und unserer Werte hat einen enormen Unterschied gemacht und Klarheit geschaffen. Die konkrete Formulierung unserer Ziele hat zusätzliche Klarheit reingebracht. Jedes Unternehmen sollte wissen, wofür es steht und wohin es sich entwickeln möchte.

Myriam Herger:Unbedingt, ja. Die Erstellung eines Leitbilds bringt viele positive Veränderungen mit sich, darunter ein Umdenken und Loslösen von alten, nicht mehr funktionierenden Mustern, die einem vielleicht auch gar nicht so bewusst sind. Die Investition lohnt sich absolut; nicht nur Führungskräfte, sondern das gesamte Team hat dazugelernt. Es herrscht ein größeres Verständnis im Unternehmen, daher ist die Erstellung eines Leitbilds meines Erachtens rundum empfehlenswert.